Die 3. Kugel – 11. Olafs Dritte

Hier nun ein weiterer Teil der Kriminalnovelle „Die 3. Kugel“ von Bodo Dringenberg. Wenn Du die vorherigen „Aufnahmen“ verpasst haben solltest, dann lies diese doch zuerst.

Kugelkultur

Viel Vergnügen …

Die 3. Kugel
eine Kriminalnovelle in dreizehn Aufnahmen von

Bodo Dringenberg

11. Olafs Dritte

Nach den bedrückenden Ereignissen hatten sich alle verbliebenen gefreut, daß Makebe mal wieder aufgetaucht war. Makebe war von tiefbrauner Hautfarbe und sprach in schönstem Kontrast dazu einen breiten hessischen Akzent. Als Bouler war er guter Durchschnitt, aber sehr beliebt, da sich sein Spaß am Spiel mitteilte und er auch die Trübsinnigen, Übellaunigen und Super-coolen zu aufgekratzen Partnern machen konnte. Als Fritz mit seiner Pétanque-Ausrüstung aufkreuzte, stöberte Makebe gerade im Gebüsch des herbstlichen Parks umher.
Offensichtlich suchte er ein gerade weggeschossenes Schweinchen unter dem mitlerweile fast völlig laubfreien Buschwerk. Plötzlich rief Makebe: „Isch hab hiea aane Kuchel!“
Halblaut, aber mit völliger Gewißheit, sagte Fritz vor sich hin: „Die dritte Kugel.“ Makebe entwand sich dem mageren Geäst der Staude und hielt triumphierend einen rostigen, knubbeligen Eisenkörper in der Hand.
Eine so merkwürdig deformierte Kugel hatten die anwesenden Pétanque-Fanatiker noch nie gesehen:
Sie war eine Sphärenbreite eingedellt, und im tiefsten Punkt, da wo der feine Rost einem groben Braunton gewichen war, hatte das einst geschmiedete Instrument ein sauberes Loch.
„Eine späte Gerechtigkeit. Endlich hat auch mal eine Kugel, die bestimmt viele Löcher gemacht hat, ein Loch“, meinte Gaby. Makebe drehte das objet trouvé in der Hand und Fritz trat näher. Auf der gegenüberliegenden Seite war die Kugel ausgebeult, hatte einen Knubbel wie ein fetter halbreifer Pickel.
Dirk bat Makebe, ihm mal diesen eisernen Mutanten zu geben. „Paßt mal auf“, sagte Dirk und schüttelte den Hohlkörper mit der Linken. Ein dumpfes Klackern klang den Umstehenden in den Ohren. „Spiel mir das Lied vom Tod!“ murmelte Fritz halblaut, als Kugel in Kugel klickterte. „Da ist tatsächlich eine Kugel in der Kugel“, konstatierte Gaby. „Au fèrer geht´s nicht, davon kannst du nur träumen!“ entgegnete Dirk.
Fritz erzählte noch mal von dem fatalen Nachmittag auf dem Parkweg und was Dirk seiner Meinung nach da gerade in der Hand hielt: die erste Kugel für Olaf in dessen dritter. Ihn verfehlend, hatte sie in seiner bisher fehlenden ein Loch gemacht. Genau genommen hatte der Todesschütze ein ballistisches und boulistisches Wunder vollbracht – mit einer Kugel zweimal gelocht und dennoch au fér getroffen!
Die anwesenden Bouler und die Boulerin waren schließlich überein gekommen, Makebe, der Finder, dürfe die Kugel behalten. Der Kripo würde sie nicht übergeben, nichts gesagt werden. Olafs Dritte konnte nichts mehr zur Aufklärung beitragen.
Fritz war nicht zufrieden. Er überlegte, wo er und Neele damals Olaf gefunden hatten. Von diesem Standort aus waren es circa 30 Meter bis zur Fundstelle. Beide Gewehrschüsse müssen von der Stadtmauer gekommen sein, von wo der Killer Olaf mit einem Herzschuß erwischen wollte, was er mit dem zweiten Schuß auch schaffte.
Olaf war Linkshänder gewesen, genau, und dazu der Kugelfund, eben, das erklärte die Ausgangssituation, das was vor dem Todeschuß passiert sein mußte. Jaja, klar, Olafs technisch bedenkliche und lochträchtige Körperdrehung in der Endphase der Schießbewegung, das kam noch dazu, das war´s. Der erste Gewehrschuß muß genau in dem Moment abgefeuert worden sein, als Olafs Kugel seine Hand verließ und seine linke Schulter mal wieder zu energisch nach vorn drehte. Olafs technischer Mangel hatten ihn in der Kombination mit Glück einmal mehr gerettet. Doch dieses Mal höchstens für Sekunden. Der Mörder verfehlte also sein anvisiertes Ziel, traf die abfliegende Kugel zentral, lochte sie ein; das Projektil hatte nicht mehr die Energie hinten durchzuschlagen, beschleunigte, platt geworden, die ausgebeulte Boule und beförderte sie endlich zwischen abgelegenes, laubbedecktes Staudenwurzelwerk.
Aber – und nun bekam seine prächtige Rekonstruktion ein Loch – warum konnte er sich nur an einen einzigen lauten Knall erinnern? Fritz mußte unbedingt Neele danach fragen. Es war ein prima Grund, sich wieder mit Neele zu treffen.

FORTSETZUNG FOLGT

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