Die 3. Kugel – 13. Fritz macht Schluß

Hier nun der letzte Teil der Kriminalnovelle „Die 3. Kugel“ von Bodo Dringenberg. Wenn Du die vorherigen „Aufnahmen“ verpasst haben solltest, dann lies diese doch zuerst.

Kugelkultur

Gebt doch mal einen Kommentar zu der Novelle ab.

Die 3. Kugel
eine Kriminalnovelle in dreizehn Aufnahmen von

Bodo Dringenberg

13. Fritz macht Schluß

Neele und Fritz kommen aus dem „Da Ettore“ und machen noch eine nächtliche Runde an der Stadtmauer entlang durch das Parkgelände.
Was war denn nun wirklich passiert mit den Park-Boulern in den letzten Wochen? Ein unabsehbar zerstörerischer Prozess, ausgelöst durch Superschlauheit und Rachsucht. Wie meinte Halil, nachdem es zweimal geklirrt hatte: „Das ist, als ob Dirk mit Ansage drei gegnerische Kugeln mit einer für drei schießen will, und dabei die einzige eigene am Schwein heraustupft.“
Ohne Berührung schreitet Fritz neben Neele durch die Dunkelheit. Er scheint verloren in seine Gedanken und seinen Entschluß.
Mit dem Pétanque, dem Punktemachen, dem Vorne-Mithalten, ist für ihn nun Schluß. Diesen Krimi mußte er beenden. Schon lange wollte er das, war dreimal kurz davor gewesen, um sich doch nur wieder hineinzustürzen oder sich hineinziehen zu lassen. War auch alles nicht mehr so schlimm und stressig gewesen in der letzten Zeit, er kannte das, es gehörte halt dazu, und er war eben nicht glatt.
Aber eines bedrückte ihn, anfangs noch mit Ironie, dann mit bloßem Schrecken: Während er mit einer Frau aufs intensivste zusammen war, ging er in seiner Vorstellung verangene Partien durch, erörterte stumm, welche Schwierigkeiten wohl der oder die mit ihm als Partner hätten. Auch wenn er sich wieder zurückbrachte, ja zurückzwang zur Präsens mit seiner Liebsten, bewegte sich schattenspielend Pétanquespezifisches im Hintergrund oder schob sich zappelnd zwischen all das sensationell Sinnliche.
Pétanque hatte ihn in Frankreich, da bei Cassis, nur am Rande und dann über ein Jahrzehnt gar nicht interessiert. Es waren eigentlich bloß die freundliche Wärme, das Bewegen darin und ein gewolltes, tröstliches Flair von Abwesenheit gewesen, was ihn fasziniert hatte.
Dann war Katharina seine Sonne geworden, hatte ihn geliebt und ihn nach drei süßen, ja süffigen Jahren, könnte man sagen, plötzlich verlassen. Sie hatte geweint, war verzweifelt – beinahe – gewesen, aber konnte nicht anders, als zu ihrem Piieter, ihrem Peter Goodman zu ziehen. Dieser verdammte Liverpooler Galerist, den sie anfänglich nichts als komisch empfunden hatte. Der hat´s hingekriegt, daß sich ihre wunderbaren Schenkel ihm öffneten, als er sie in das walisische Haus am Meer eingeladen und -gefangen hatte. Ooh, daß ist wirklich soo was von toll, hatte sie ihm mit ihrem reichen Ton- und Mimikspektrum mitgeteilt. Piiieter hat sie, diese heimliche Romantikerin, auf seinem Wuthering-High-Leim gefangen. Von Fritzens gar nicht mal so kleinem und unkomfortablem Untermieter-Domizil aus war nicht nicht mal das Plätschern des Nachtwächter-Brunnens zu vernehmen. Und dieser gute Mann mit much Money, dieser Goodman, gebot per Haus über original Meeresblick, Background-Rauschen und salzhaltiges Luftschnappen.
Nach Katharina war Fritz vom klassischem Flucht- zum Zwangsbouler geworden, der zu oft mürrisch, reizbar und sehr eigenwillig seinen Job mit den drei oder zwei Kugeln verrichtete. – Auch Pétanque ist nicht mehr in der Lage, Vertrauen in unsere komplizierte Welt zu erzeugen!
Fritz spaziert immer noch stumm und gedankenverloren neben Neele durch die kalte Herbstnacht. Besonders schamvoll bis hochpeinlich steht ihm gerade jetzt seine Flucht vor Gegenwart und Zukunft vor Augen, sein immerwährendes Weglaufen zu den klatschenden Stahlkugeln.
Er erzählt Neele von seiner Selbststilisierung zum Quasi-Franzosen. Sie nickt nur gelassen: „Man weiß ja von Daniil Charms, daß sich Menschen in Kugeln auflösen können. Besonders passiert das unglücklichen Frauenliebhabern!“ Dann lacht sie, schubst ihn sacht und schlägt vor: „Der Schnurrbart kommt ab, die Baskenmütze, na ja, die darf bleiben, hin und wieder Pétanque, das auch.“
Als sie an den Rand des Stadtparks gelangen, dort wo die überdimensionale rostige Stahlkugel wie ein Denkmal dräut, küßt Neele ihn sanft.

FIN DE PARTIE

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